Die Arbeitgemeinschaft für Sportpsychologie (asp) in Deutschland fordert einen dauerhaften und nachhaltigen Dialog über die Gefahren von Depressionen im Spitzensport. „Es kann nicht sein, dass dieses Thema immer nur zu bestimmten Anlässen wie dem Todestag von Robert Enke wahrgenommen und aktionistisch diskutiert wird“, meinte der asp-Vorsitzende Prof. Dr. Manfred Wegner (Universität Kiel), nachdem er Ende letzter Woche auf dem Psychiatrie-Kongress in Berlin für die Sportpsychologen gesprochen hatte.
Prof. Wegner sieht es allerdings als guten Schritt an, dass auf dem Kongress Depressionen im Spitzensport erstmals wahrgenommen und als Schwerpunktthema behandelt wurden. Es dürften aber keine einzelnen Gesprächskreise entstehen, sondern alle Beteiligten sollten an einen Tisch kommen, um für erkrankte und von Erkrankung bedrohte Sportler und Sportlerinnen aus dem Leistungssport das vorhandene Netzwerk auszubauen und gemeinsam entsprechende Diagnostik und Hilfestellung einrichten zu können. „Das Wohl der Aktiven muss eindeutig im Vordergrund stehen“, meinte Prof. Wegner.
Das Wissen der beiden bisher noch nebeneinander arbeitenden Bereiche von Psychologen und Psychiatrie sollte genutzt werden. „Die Psychiater fangen gerade erst bei Null an, wir können schon auf ein funktionierendes Netzwerk zurückgreifen“, sagte Prof. Wegner. „Therapeuten wissen häufig nicht, wie Leistungssportler denken und handeln, während wir Sportpsychologen noch stärker Hintergrundwissen erarbeiten müssen, um psychische Auffälligkeiten erkennen zu können.“ Die ersten Ansätze zur Kooperation mit den Psychiatern und Psychotherapeuten, der Robert Enke-Stiftung und der Deutschen Sporthochschule um den Sportpsychologen Prof. Dr. Jens Kleinert gingen in die richtige Richtung.
In der asp sind 250 Sportpsychologen aus ganz Deutschland zusammen geschlossen, die eine Vielzahl von Spitzenverbänden und Fußball-Bundesligisten betreuen. Die Betreuungsqualität wird von ihr gemeinschaftlich mit dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) und dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) ständig weiter entwickelt. Durch die sportpsychologischen Experten besteht ein großes Netzwerk, das sich viel stärker als bisher zur Erkennung von Auffälligkeiten und Erkrankungen einbringen will. „Niemand braucht das Rad neu zu erfinden. Hier gibt es schon sehr viele Anknüpfungspunkte“, meinte der asp-Vorsitzende Prof. Wegner. Er wünscht sich unter seinen Kollegen allerdings eine höhere Sensibilität für die Problematik und in der Öffentlichkeit einen offeneren Umgang mit dem bisherigen Tabu-Thema.
Das sportpsychologische Betreuungssystem ist stark an der Prävention ausgerichtet. Für die Sportpsychologen geht es um die Entwicklung der Persönlichkeit der Athleten, deren Gesundheit und Wohlbefinden und natürlich auch um Leistungsverbesserung. Die Sportpsychologen sind nicht die Fachtherapeuten zur Behandlung einer Depression, aber die Fachleute, die schon frühzeitig Auffälligkeiten erkennen können. „Der sportpsychologische Experte sollte schon früh Warnzeichen erkennen, als Ansprechpartner zur Verfügung stehen und dann möglichst frühzeitig an den Psychotherapeuten oder den Experten in der Psychiatrie weiterleiten. Hier ist Kooperation zwingend geboten“, meinte der asp-Vorsitzende.
Als Ansprechpartner stehen zur Verfügung:
Prof. Dr. Manfred Wegner und Günter Müller
asp-Vorsitzender Geschäftsführer wirkhaus
Universität Kiel 030/486 24271
0431/8803753 info (at) wirkhaus.de
mwegner (at) email.uni-kiel.de
Die Pressemitteilung steht auch hier zum Download als pdf bereit.