Auf dem BISp-Symposium 2013 „Erfolgsfaktor Trainer ..." präsentierte Sportpsychologe Dr. Kai Engbert das Thema „Coaching the Coach – Erfahrungen und Möglichkeiten zur Optimierung der Trainer-Sozialkompetenz im Rahmen einer sportpsychologischen Betreuung“. Im Interview berichtet er über neue Entwicklungen in der Trainerausbildung und von seinen Eindrücken während der zweitätigen Veranstaltung.
Was war Ihre Motivation, sich mit dem Thema Coaching für Trainerinnen und Trainer zu beschäftigen?
Die Hauptmotivation kommt aus meiner sportpsychologischen Betreuungsarbeit, weil ich hier merke, dass die Arbeit mit den Trainern immer eine sehr fruchtbare Geschichte ist. Zusätzlich kann man die Arbeit mit den Sportlern nie losgelöst von den Trainern sehen. D.h., wenn ich einen Sportler betreue, muss ich immer auch überlegen, wie die Beziehung zum Trainer ist. Meine Arbeit, die ich in den Tagen leiste, in denen ich beim Sportler bin, wird ja dann idealerweise vom Trainer weitergeführt, indem ich mit ihm zusammen psychologisch orientierte Trainingsformen erarbeite, die er dann mit dem Sportler durchführen kann, so dass das, was ich als Impuls gebe durch den Trainer weitergetragen wird. Deshalb sehe ich für die sportpsychologische Arbeit in der Praxis den Trainer als wesentlichen Faktor an, der mit einbezogen werden sollte, da ich ja als Sportpsychologe Teil vom Expertenteam um den Trainer bin und der Trainer hier mein Ansprechpartner ist.
Zusätzlich sehe ich bei den Trainern mit denen ich arbeite, wie beanspruchend ihr Job ist. Man ist viel unterwegs, hat viel Druck, viele Aufgaben, es gibt viele unterschiedliche Aufgabenbereiche und es ist eine auch emotional sehr beanspruchende Tätigkeit.
Daher definiere ich Trainercoaching nicht nur als Maßnahme, um aus einem Trainer einen besseren Trainer zu machen, sondern auch vor dem Hintergrund, wie ein Trainer ein guter Trainer bleiben kann, ohne seine Ressourcen überzustrapazieren oder auszubrennen. Daher ist mir der Trainer nicht nur als Leistungsoptimierer sondern auch als Person wichtig.
In Ihrem Vortrag haben Sie über eine Trainerbefragung berichtet, die im Bereich Ski Alpin durchgeführt worden ist. Was war der Hintergrund und wie kam es dazu?
Das ganze fand statt im Rahmen eines durch das BISp geförderten Projekts mit dem Titel: „Entwicklung und Umsetzung einer Sportpsychologischen Rahmenkonzeption im Deutschen Skiverband im Bereich Ski Alpin“. Hier haben wir aus der Betreuungsarbeit Bereiche mit Optimierungspotenzial identifiziert, um sie dann in Forschungsprojekten zu bearbeiten. Ein Bereich war hier die Trainerausbildung und wir haben überlegt, welche sportpsychologischen Themengebiete für Trainer im Ski Alpin für die Trainerausbildung relevant sind und für welche Themengebiete Ausbildungsbedarf seitens der Trainer besteht. Das waren die Fragestellungen im Rahmen dieses großen Projekts, die eine Diplomandin von mir, Alexa Kiss, in ihrer Diplomarbeit u.a. in Form der Trainerbefragung bearbeitet hat. Einen Teil der Ergebnisse der Untersuchung konnte ich jetzt auf dem Symposium vorstellen.
War dies das erste Mal, dass der Ausbildungsbedarf für Trainerinnen und Trainer im Bereich Sportpsychologie erfasst wurde?
Für den Skiverband trifft das auf jeden Fall zu. Ziel ist hier, ein Curriculum zu entwickeln, in dem definiert ist, welche sportpsychologischen Inhalte im Bereich der C-Trainer, B-Trainer oder A-Trainer-Ausbildung enthalten sein sollen. Dafür war es uns wichtig, zu klären, welche Themen tatsächlich relevant sind und festzulegen, wie viel Zeit für Themen, wie zum Beispiel Rollenklärung oder Psychohygiene einzuplanen ist, die normalerweise nicht Bestandteil der Trainerausbildung sind.
Liegt dieses Curriculum bereits vor oder wie ist die aktuelle Situation?
Wir haben auf der Grundlage dieser empirisch gesicherten Untersuchung nun einen Konzeptvorschlag (siehe Grafik rechts) entwickelt, wie wir die Tage, die im Rahmen der Trainerausbildung für die Sportpsychologie vorgesehen sind, genutzt werden sollten.
Inwieweit lassen sich diese Ergebnisse auf die Trainerausbildung in anderen Sportarten übertragen?
Wir haben die Studie im Bereich Ski-Alpin angesiedelt, um hier explizit Kompetenzen zu bündeln. Allerdings enthält das Ergebnis viele klassische Themen, die auch für andere Sportarten zutreffen, wie Umgang mit Emotionen, Selbstvertrauen oder Aktivierungsregulation. Das würde, wenn man es zum Beispiel auf Snowboardfahren überträgt, ganz genauso sein. Wenn man es jedoch auf eine Sportart überträgt, die sehr unterschiedlich ist, wie etwa Gymnastik/Tanz, müsste man sicherlich Bereiche anders gewichten und die Ergebnisse anpassen. Allerdings glaube ich, dass die Ergebnisse auch für andere Sportarten eine gute Basis für jeweils eigene Konzepte sein könnten.
Auf welche eigenen Erfahrungen greifen Sie, zusätzlich zu den Ergebnissen der Befragung, bei der Entwicklung von Aus- und Weiterbildungsprogrammen für Trainerinnen und Trainer zurück?
Zunächst einmal kenne ich die Rolle des Trainers aus meiner eigenen Erfahrung, da ich nach dem Studium als Trainer im Kanu-Slalom in Japan gearbeitet habe. Da ich aus meiner aktiven Zeit als Leistungssportler die Strecken kannte, habe ich die hier auch die japanische Nationalmannschaft bei der Weltcup-Serie in Europa begleitet und sie bei der WM gecoacht.
In meiner jetzigen Arbeit als Sportpsychologe ist es ein wesentlicher Teil zu sehen, welche Themen, die ich mit Sportlern bearbeite für die Trainer wichtig sind und welches die klassischen Themen sind, von denen Trainer auf jeden Fall etwas gehört haben sollten. Diese Inhalte bereiten wir für die Ausbildungsblöcke dann so auf, dass sie für Trainer interessant, verständlich und nutzbar sind. Zum Beispiel haben wir für den Bereich „Umgang mit Emotionen“ einen halben Tag veranschlagt. Sicherlich könnte man hierzu eine ganze Woche machen. Aber wir wollen die Trainer ja nicht zu Sportpsychologen ausbilden, sondern sie sollen Ideen bekommen, wie sie etwa mit einem Sportler umgehen, der gerade einen Misserfolg hatte, wie sie mit Nervosität umgehen können oder wie sie Sportler in der Startbetreuung besser unterstützen können.
Es geht nicht darum, dass der Trainer sein Verhalten komplett verändert, sondern die Ausbildung soll dazu beitragen, dass er es, sportpsychologisch gesehen, professionalisieren kann und dadurch ein psychologisch besserer Trainer wird.
Wie kann dieser Wissenstransfer in heterogenen Gruppen gelingen? Gibt es modulare Ausbildungskonzepte oder gezielte Förderung?
Das Ausbildungskonzept ist insofern modular gegliedert, als es für jeden Bereich ein klares Ausbildungsmodul gibt. Allerdings ist die Ausbildung, genau wie in jedem anderen Studium, nicht individualisiert, so dass zunächst ein Trainer mit viel Vorerfahrung die gleichen Inhalte lernt, wie ein Trainer mit wenig sportpsychologischem Wissen.
Zusätzlich werden jedoch weitere Themen als „Satelliten“ konzipiert und angeboten, zum Beispiel in Form von Workshops, die Trainerinnen und Trainer zusätzlich besuchen können, um sich gezielt mit Themen wie Kommunikation, Krisenintervention, Führung oder Umgang mit Sportverletzungen zu befassen.
Zusammen mit dem DSV sollen für hauptamtliche Trainerinnen und Trainer weitere Angebote in den Bereichen Psychohygiene und Rolle kombiniert mit Möglichkeiten zum individuellen Coaching entwickelt werden. Diese Angebote finden immer wieder statt, so dass jeder Trainer sich entsprechend seinem individuellen Bedarf die Bereiche aussuchen kann, in denen er sich Wissen aneignen möchte.
Gibt es Unterschiede in der Akzeptanz auf Trainerseite, abhängig davon ob es um die sportpsychologische Betreuung der Sportler geht oder um eigenes Trainercoaching?
Genau das haben wir in der Studie nochmals befragt mit dem Ergebnis, dass die Akzeptanz sportpsychologischer Themen bei den Trainern in Bezug auf die Ausbildung sehr hoch war. Die Themen wurden als relevant eingeschätzt verbunden mit dem Wunsch, dazu etwas zu lernen. So sehen sie zum Beispiel den Bereich der mentalen Vorbereitung auf Wettkämpfe auch als Teil ihrer Aufgabe und wünschen sich hier Unterstützung.
Beim Einzelcoaching für Trainer ist es sehr unterschiedlich: es gibt in den Verbänden, in denen ich arbeite Trainer, die nehmen dieses Angebot sehr viel in Anspruch oder ich werde auch von Trainern aus anderen Bereichen angefragt. Aber es gibt auch Trainer, die dem nicht aufgeschlossen gegenüberstehen oder es als ein Thema betrachten, dass ausschließlich zwischen Sportler und Sportpsychologen stattfinden sollte.
Sie haben in Ihrem Vortrag angekündigt, dass in Ihrer Arbeit im Kanubereich im kommenden Olympiazyklus neue Möglichkeiten für das Trainercoaching geschaffen werden. Was ist hier geplant?
Im Rahmen eines BISp Betreuungsprojekts haben wir die Möglichkeit, im Nachwuchsbereich gezielt Trainerschulungen anzubieten. Zusätzlich können wir über den Olympiastützpunkt Bayern beim Bundesstützpunkt Augsburg vor Ort bei den Slalom-Kanuten Trainerworkshops durchführen.
Hier liegt meiner Meinung nach auch die Zukunft, in dem wir einerseits eine gut strukturierte Trainerausbildung aufbauen, in der alle Trainer eine gute Basis an sportpsycholgischem Know-how bekommen und diese dann in Kleingruppen oder im Einzelcoaching so nacharbeiten, dass sie das Wissen auch situationsbezogen anwenden können.
Denn bei Themen wie Körpersprache, Führung, Feedbackverhalten ist es das eine, darüber etwas zu wissen, das andere aber, dieses Wissen auch umzusetzen. Und hier bieten Einzelcoachings im Sinne einer sportpsychologischen Supervision und Trainingsbegleitung optimale Bedingungen, die man im Seminarraum bei der Trainerausbildung nie haben kann.
Welche Eindrücke haben Sie vom BISp-Symposium mitgenommen?
Zunächst habe ich mich über das große Interesse an der Tagung und auch an meinem Vortrag gefreut. Sehr gut fand ich auch, dass man die Möglichkeit hatte, an allen Veranstaltungen teilzunehmen, da es keine Parallelworkshops gab. Für mich war es sehr interessant zu sehen, was die anderen Forschungsgruppen machen, zum Beispiel wie in den Spielsportarten zum Thema Auszeit- und Halbzeitgesprächen gearbeitet wird, da ich selbst überwiegend im Individualsport tätig bin. Auch die aktuellen Ergebnisse zum Thema Trainerteambildung aus dem Turnverband fand ich sehr spannend, da es sehr praxisorientiert war und einen Bereich ansprach, der auch für meine Arbeit sehr relevant ist.
Vielen Dank für das Gespräch!
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Kontakt:
Dr. Kai Engbert
Am Hochacker 4
85630 Grasbrunn
ke@sportpsychologie-muc.de
0177 – 34 34 624
http://www.kai-engbert-sportpsychologie.de
Ein PDF zum Vortrag steht hier zum Download bereit.