„Bewegungstherapie bei psychischen Erkrankungen. Grundlagen und Anwendung“ – Das Lehrbuch von Prof. Dr. Gerd Hölter gibt einen Überblick über theoretische Grundlagen und praktische Anwendungsmöglichleiten von verschiedenen bewegungstherapeutischen Konzepten in der Therapie von psychischen Erkrankungen.
„Jedes Fachbuch stellt immer eine subjektive Auswahl dar“, schon im Vorwort bekennt sich Prof. Hölter, der bis 09.2011 als Universitätsprofessor in Dortmund tätig war, ausdrücklich zur Lückenhaftigkeit jedes wissenschaftlichen Werkes. Er weist aber darauf hin, dass bei allem Bewusstsein für die Lücken, ein berufspolitischer Grund für die Entstehung dieses Lehrbuches bestimmend war: Bewegungsbezogene Therapieansätze sind in den letzten Jahren immer populärer geworden.
Gleichzeitig gibt es eine große Zersplitterung der verschiedenen theoretischen Begründungsstränge, Verfahren und Methoden, die es schwierig macht, „die Bewegungstherapie als klinisches Behandlungsverfahren wahrzunehmen und einheitlich zu vermitteln.“ Das entstandene Werk will dieser Konfusion entgegenwirken sowie die wissenschaftshistorischen Hintergründe und Quellen dieser Therapieform deutlich machen.
Bewegungsförderung bei psychischen Leiden ist seit der Antike bekannt. In Deutschland gehören seit etwa 50 Jahren unterschiedliche Bewegungstherapien zur ambulanten und stationären Standardbehandlung von vielen psychischen Erkrankungen in der Spanne von Physio- bis zur Körperpsychotherapie.
Das vorliegende Lehrbuch ist größtenteils im fachlichen Dialog entstanden, der Kerndialog fand hierbei zwischen Prof. Gerd Hölter und Dr. Hubertus Deimel von der Sporthochschule Köln statt. Zwei Wissenschaftler, die in ähnlichen universitären Ausbildungsgängen für die Ausbildung von Bewegungstherapeuten waren und sind. Diplom-Sportwissenschaftlerin Anette Degener, Diplom-Pädagogin Heike Schwiertz und Prof. Dr. Mone Welsche von der KH Freiburg konnten zusätzlich für das Projekt gewonnen werden.
Der erste Teil des Buches widmet sich den theoriegeschichtlichen Grundlagen. Die zentralen Begriffe der klinischen Bewegungstherapie Körper, Leib und Bewegung werden aus drei unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet: aus der Sicht der Medizin und Psychologie, aus der Sicht der Phänomenologie und aus der Sicht der Sport- und Bewegungswissenschaft. Weiterhin widmen sich die Autoren im ersten Teil des Werkes den empirischen Befunden zum Zusammenhang zwischen Bewegung und psychischer Gesundheit, um sich dann mit zentralen Aspekten der klinischen Bewegungstherapie auseinanderzusetzen. Abschließend geht es um Fragen des Qualitätsmanagements und der Evaluation in der Bewegungstherapie.
Der zweite Teil beleuchtet die störungs- und altersorientierten Behandlungsansätze der klinischen Bewegungstherapie. Die spezifischen Störungen, wie affektive Störungen, schizophrene Störungen, Persönlichkeitsstörungen, Essstörungen und Abhängigkeitserkrankungen werden in ihrer Symptomatik und anhand von Fallbeispielen vorgestellt, ergänzt durch autobiographische Schilderungen von psychisch Erkrankten. Der hierzu beschriebene bewegungstherapeutische Ansatz schließt sich jeweils an.
Ein spezieller Teil des Buches widmet sich den psychischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter, sowie psychischen Erkrankungen bei alten Menschen und den jeweiligen bewegungstherapeutischen Behandlungsansätzen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass den Autoren mit diesem Fachbuch ein umfassender und aktueller Überblick bewegungstherapeutischer Behandlungsansätze bei psychischen Erkrankungen gelungen ist. Das Lehrbuch ist auch für den interessierten Nichtwissenschaftler sehr gut lesbar und anschaulich geschrieben. Die Autoren geben eine Vielzahl von Empfehlungen für die vertiefte Themenauseinandersetzung und das weitere Studium.
Das Buch richtet sich an Studenten und Lehrende gleichermaßen, es eignet sich als Lehr- und Nachschlagewerk für Therapeuten und Ärzte aus den Bereichen Allgemeinmedizin, Psychiatrie, Psychotherapie und Bewegungstherapie sowie für Psychologen und Sportwissenschaftler. Sie erhalten umfassende theoretische Informationen und anwendungsbezogene Konzepte zur Bewegungstherapie. Die Sicht der Autoren auf das Untersuchungsfeld ist dabei eng mit der Bewegungs- und Sportwissenschaft verbunden.
Gerd Hölter
„Bewegungstherapie bei psychischen Erkrankungen“
Grundlagen und Anwendung
Unter Mitarbeit von A. Degener, H. Deimel, H. Schwiertz und M. Welsche
2011 erschienen im Deutschen Ärzteverlag
16,5 x 23,8 cm, broschiert
XVII + 626 Seiten, mit 131 Abbildungen und 118 Tabellen
ISBN 978-3-7691-0550-6