[16.02.2012]
Das Thema sexueller Missbrauch wurde auch im Sport lange tabuisiert. Um sexuellen Missbrauch im Sport und die Präventionsmöglichkeiten gegen sexuelle Übergriffe anzusprechen und in Expertenkreisen zu diskutieren, organisierte der Verein der Tiroler Sportfachverbände "tiSport" mit Unterstützung des Landessportrates die dritte Auflage des „Tiroler Sportforums“ rund um das Thema „Mein Kind im Sport“. „Es ist hoch an der Zeit, diese Problematik offen und ohne Vorbehalte zu diskutieren“, begründet Sportreferent LHStv Hannes Gschwentner den Fokus auf dieses Problemfeld.
Dazu kamen der renommierte Psychiater Dr. Reinhard Haller und der Sportpsychologe Dr. Christopher Willis zu Wort, die in Ihren Vorträgen auf Ursachen, Auswirkungen und Folgewirkungen von sexuellem Missbrauch eingingen. Resümee der anschließenden Diskussion: Obwohl es im Sportverein vermehrt Gelegenheit für sexuelle Übergriffe gibt, leistet der Sport auch wertvolle Dienste bei der Vorbeugung und der Behebung der Folgen von sexuellem Missbrauch.
Es sei aber eine Tatsache, dass „in den Menschen generell pädophile Tendenzen sind und dass Menschen, die die in sich spüren, natürlich eher kindnahe Tätigkeiten und Berufe suchen. Dazu gehören pädagogische Ausbildungen, psychotherapeutische Ausbildungen und eben auch Sporttrainer.”, so der Sucht-Psychiater und Sexverbrecher -Gutachter Dr. Reinhard Haller. Damit es erst gar nicht zu sexuellen Übergriffen komme, müsse man den Missbrauch schon in der Trainerausbildung zum Thema machen. Prävention, betont Reinhard Haller, sei ein Gebot der Stunde.
So sollen die Sportler entsprechend geschult, die Aus- und Weiterbildung der Trainer und Funktionäre verbessert werden. „Wichtig ist, dass man sein eigenes Handeln kritisch reflektiert und schaut, ob es zum Wohle der Athleten ist oder nicht. Und dass man Rücksprache mit den Athleten hält. Es ist immer besser, über etwas zu reden, als über etwas zu schweigen. Wenn man darüber redet, kann man entsprechende Lösungswege finden.”, so Dr. Christopher Willis. Das Wichtigste ist, dass sich die Kinder in den Sportvereinen gut aufgehoben wissen und vor Übergriffen sicher fühlen können.
Das Land Tirol möchte im Sportjahr 2012/2013 unter Leitung des sportpsychologischen Kompetenzzentrums des Landes Tirol dieses Thema offensiv und professionell bearbeiten und entsprechende Präventionsmaßnahmen direkt mit den Tiroler Sportvereinen umsetzen. Das sportpsychologische Kompetenzzentrum des Landes arbeitet schon seit einiger Zeit an Maßnahmen für die Prävention, erklärt Dr. Christopher Willis: „Wir wissen, dass der Sport präventiv wirkt. Das heißt, es ist ein Schutzfaktor, wenn man in einem Sportverein tätig ist, weil der Sport ein offenes System bietet und kein geschlossenes System wie die Kirche oder ein Kinderheim darstellt. Aber es kann in Einzelfällen auch zu Übergriffen kommen und hier wollen wir mit unserem Projekt präventiv wirken.“
In Kooperation mit renommierten Psychiatern, Psychotherapeuten und Kinderschutzvereinigungen wird 2012/2013 das Präventionsprojekt „Bei uns bist Du sicher – wir schauen hin“ umgesetzt. Eine externe Evaluation soll durch die Sporthochschule Köln mit dem Team Prof. Dr. Jens Kleinert erfolgen. Im Vordergrund stehen sportpsychologische Interventionseinheiten, die unmittelbar für Athletinnen und Athleten, Funktionäre und Eltern sowie Trainer konzipiert und die von Sportpsychologinnen und Sportpsychologen durchgeführt werden.