Das „Handbuch sportpsychologische Praxis. Mentales Training in den olympischen Sportarten.“ ist jüngst erschienen. Darin liefern die Herausgeber Dr. phil. Dipl.-Psych. Denise Beckmann-Waldenmayer und Prof. Dr. Jürgen Beckmann eine umfassende Bestandsaufnahme der angewandten Sportpsychologie in Deutschland.
Plastisch schildern die beiden Herausgeber die Entwicklung der Sportpsychologie und ihre Sicht auf die Ausgangslage der Buchentstehung: Lange Zeit führte die Sportpsychologie ein Nischendasein, die mentale Seite von Training und Wettkampf im Sport fand kaum Beachtung unter den Aktiven. Das hat sich im letzten Jahrzehnt beeindruckend geändert. In vielen Sportarten ist die Einbeziehung mentalen Trainings als Element zur Leistungsoptimierung mittlerweile etabliert.
Ein großer Schritt dabei war 2004 die Verpflichtung Hans-Dieter Herrmanns als Sportpsychologe der deutschen Herren - Fußballnationalmannschaft. Die öffentliche Wahrnehmung und das mediale Interesse an Herrmanns Arbeit als sportpsychologischer Betreuer der Mannschaft haben immens geholfen das vorhandene Bild der angewandten Sportpsychologie in der Öffentlichkeit und besonders in der Sportpraxis zu verbessern.
Gleichzeitig wuchs die Neugier auf die Möglichkeiten mentalen Trainings im Sport. Mittlerweile ist der Bedarf an qualifizierter sportpsychologischer Beratung und Betreuung im Spitzensport sehr groß. Trotz aller Erfolge: Einige Vorurteile und Ressentiments halten sich hartnäckig. Diese abzubauen und zugleich eine Bestandsaufnahme der sportpsychologischen Theorie und Praxis in Deutschland zu versuchen, hat sich das Handbuch zum Ziel gesetzt.
Für das Handbuch konnten die Herausgeber, die Sportpsychologin Dr. Denise Beckmann-Waldenmayer und Prof. Dr. Jürgen Beckmann von der Technischen Universität München, 45 anerkannte Sportpsychologen und Trainer als Autoren gewinnen. Das gesamte Spektrum der olympischen Sportarten wird abgedeckt: von Individualsportarten über Mannschaftssport, Kampfsport, Turnsport, Wassersport bis hin zum Wintersport. Die unterschiedlichen Anforderungen an die mentale Seite des Spitzensports verlangen nach einem jeweils spezifischen Zugang in den verschiedenen Sportarten. Dem trägt das Handbuch Rechnung.
Das Buch gliedert sich in zwei Teile: Einen Grundlagen- und einen Praxisteil. Der Grundlagenteil beschäftigt sich mit der Theorie der angewandten Sportpsychologie, veranschaulicht deren rasante Entwicklung im letzten Jahrzehnt, setzt sich mit dem Berufsfeld Sportpsychologie und den strukturellen Rahmenbedingungen der angewandten Sportpsychologie im Spitzensport auseinander. Die übergeordnete Fragestellung dabei: Was ist passiert, dass sich heute die Sportpsychologie im Leistungssport in jeglicher Hinsicht erfolgreicher darstellt als sich das Wissenschaftler und Trainer vor zehn Jahren in ihren kühnsten Zukunftsvisionen hätten vorstellen können?
Zwei Themenfelder der sportpsychologischen Grundlagen werden speziell beleuchtet: Zum einen die besondere Vorgehensweise im mentalen Training von Kindern und Jugendlichen. Wie kann die sportpsychologische Betreuung im Nachwuchsleistungssport die jungen Sportler in allen Entwicklungsphasen altersgerecht unterstützen und fördern? Zum anderen wird die sportpsychologische Betreuung im Behindertenleistungssport erörtert. Im internationalen Behindertensport hat in den letzten Jahren eine erhebliche Leistungsentwicklung und Professionalisierung stattgefunden. Das verlangt nach einer adäquaten Betreuung durch qualifizierte Sportpsychologen, hier stellt besonders die große Heterogenität von Behindertensportgruppen hinsichtlich Leistungsniveau, Alter und Behinderung besondere Anforderungen an die sportpsychologischen Betreuungsinhalte.
Im Praxisteil des Buches untersuchen die Autoren die spezielle Situation in den verschiedenen Sportarten. So unterschiedlich wie die Sportarten sind, so unterschiedlich gestaltet sich auch die Arbeit der jeweiligen Sportpsychologen. Wie schafft es beispielsweise ein Sportschütze ausgewogene Kompetenzen in den Bereichen Konzentration, Emotionsregulation, Regeneration und Analyse zu erlangen? Wie geht ein Basketballer mit den erhöhten Daueranforderungen an die Konzentrationsleistung oder die Bewegungspräzision um? Wie lässt sich durch ein spezielles Vorstellungstraining die Technik von Schwimmsportlern perfektionieren? Die Sportpsychologen und Praktiker geben einen umfassenden Einblick in ihre Arbeit, zeigen Probleme und mögliche Lösungen auf. An den Praxisteil schließt sich ein ausführliches Autorenverzeichnis an.
Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass den Herausgebern mit diesem Handbuch ein guter Überblick auf ein systematisches, sportpsychologisches Vorgehen im Spitzensport gelungen ist. Das Buch erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, die umfangreichen Literaturverweise geben dem Interessierten jedoch die Möglichkeit eines tieferen Eindringens in die umfangreiche Materie.
Das Handbuch eignet sich besonders für einen ersten Blick auf die angewandte Sportpsychologie heute. Und richtet sich somit vor allem an Studenten der Sportwissenschaft und Sportpsychologie, an Sportpsychologen und Trainer und natürlich die Aktiven. Athleten, Nachwuchssportler und deren Eltern können davon gleichermaßen profitieren und ihr Wissen erweitern.
Denise Beckmann-Waldenmayer, Jürgen Beckmann
Handbuch sportpsychologischer Praxis
Neuerscheinung 2012
Broschur, 405 Seiten, ca. 60 Abb. u. Tab.
39,80 EUR (D), 40,90 EUR (A), 66,- CHF (alle Preisangaben in der Schweiz sind unverbindliche Preisempfehlungen)
ISBN 978-3-941964-69-3