Das BISP-Projekt „Qualitätssicherung der sportpsychologischen Betreuung im deutschen Spitzensport“ Das Vorhaben ist als Open Content-Projekt konzipiert, die Projektgruppe seit etwas mehr als einem Jahr aktiv. Was ist in dem letzten Jahr passiert? Welche Ziele sollen mit der Internet-Plattform erreicht werden?
In erster Linie geht es bei dem Projekt, welches ich mit meinem Team an der Universität Potsdam und Prof. Dr. Jens Kleinert mit seinen Leuten an der Deutschen Sporthochschule in Köln durchführen, um die Entwicklung eines Qualitätsmanagement-Systems und die Vernetzung von Sportpsychologen innerhalb der nächsten drei Jahre. Wir haben jetzt das erste Drittel hinter uns. Es ist ganz wichtig, für diese ganzen neuen Prozesse und die Open-Content-Arbeit Akzeptanz bei den Sportpsychologen in ganz Deutschland zu schaffen. Und da stecken wir mitten drin. Man kann sagen, dass es für einen guten Start des Projektes maßgeblich war, wissenschaftlich zu begründen, warum wir diese Form eines Qualitätsmanagement-Systems wählen und wir haben nun ein klares Bild davon, für welche Prozesse sportpsychologischen Arbeitens Werkzeuge entwickelt werden müssen.
Qualitätssicherung bedeutet zunächst mal für viele eine Umstellung und bedeutet eben auch einen zusätzlichen Aufwand. Wenn dieser zusätzliche Aufwand von den Akteuren möglicherweise nicht betrieben wird, dann wird auch der Nutzen von Qualitätssicherung im Feld niemals ankommen. Dafür ist Akzeptanz von Nöten. Open Content: Das heißt für uns unter anderem, dass die Teilnehmer der Plattform und Sportpsychologen von uns informiert gehalten werden. Wir wollen qualitätssichernde Maßnahmen nicht von oben verordnen und unser Projekt im stillen Kämmerlein drei Jahre entwickeln. Wir wollen einen „Bottom-up-Prozeß“ anstoßen und die Community so früh und aktiv wie möglich mit in die Gestaltung einbinden.
Wie gewinnen sie Akteure für ihre Plattform und wie machen Sie die Ergebnisse ihrer Arbeit transparent?
Dazu nutzen wir verschieden Wege: Wie auch auf der Jahrestagung der asp versuchen wir auf den einschlägigen Veranstaltungen für Sportpsychologen präsent zu sein und erstellen cirka halbjährlich mit Unterstützung des Bundesinstituts spezielle Informationsmaterialien zum Produkt. Zudem bieten wir Workshops zum Thema an, zu denen Praktiker eingeladen werden. Über die wissenschaftliche Arbeit wie Beiträge in der Zeitschrift für Sportpsychologie, der erste wird Anfang 2011 dort erscheinen, versuchen wir transparent zu machen, wie wir arbeiten. Und letztlich haben wir die Webangebote, zu denen wir Akteure einladen, die unserer Meinung nach besonders beitragsfähig sind.
Die deutsche Sportpsychologie will über das Internet gestützt breit gefächert alle Interessenten aus Praxis und Theorie in die Weiterentwicklung mit einbinden. Wie viele Anmeldungen gibt es? Wie rege ist der Verkehr auf den Seiten bisher?
Insgesamt ist das Feedback als gut zu beurteilen. Bei unserer aktiven Rekrutierung haben wir zum Beispiel entlang der Literatur gesichtet, wer dort beitragsfähig erscheint und jetzt befinden wir uns in einem Stadium, wo viel über die sogenannte „Mund-Propaganda“ läuft. Wir haben in moodle aktuell rund 70 Anmeldungen. Es gibt allerdings noch einige Potentiale, die wir erst noch aktivieren müssen. Sportpsychologen arbeiten häufig noch zu verinselt. Wenn heute ein Sportler, Sportverband oder ein Olympiastützpunkt Hilfe in Anspruch nehmen möchte, dann findet man per „Mundpropaganda“ über ganz Deutschland verstreut eine ganze Menge erfolgreich arbeitender Sportpsychologen. Von denen ist aber nur ein kleiner Teil miteinander vernetzt. Was den Einsatz unserer Vernetzungstechnologien anbelangt, ist das natürlich ein Hemmnis. Im Augenblick ist das Aktivieren der Community noch etwas mühsam, aber wir sind sehr optimistisch, da wir von vielen der bereits aktiven Protagonisten ermutigende Signale bekommen.
Haben Sie ein Beispiel für ein Thema, das in letzter Zeit in dieser Form intensiv diskutiert werden konnte?
Wir haben gerade eine anregende Untersuchung mit dem Titel „Denkanstösse“ abgeschlossen. Hier ging es um den Bereich Fallmanagement und darum, welche Prozesse wie sichergestellt werden sollten, wenn Sportpsychologen mit Klienten arbeiten. Dazu haben wir jeweils einen etablierten Wissenschaftler in dem Bereich sportpsychologische Betreuung im Leistungssport und einen erfahrenen Praktiker gebeten, uns über ein E-Learning-Tool Denkanstöße für bestimmte Phasen des Fallmanagements zu geben. Diese Denkanstöße wurden in moodle gepostet und die Teilnehmer aufgefordert, diese Denkanstösse der Experten zu kommentieren und Nachfragen zu stellen. Auf die Art und Weise holen wir uns als Entwickler der Tools auch Ideen, was zu tun ist und worauf man achten muss.
Es ist ganz sicher noch zu früh, um eine Art Fazit abzugeben. Aber wird sich diese Open-Content- etablieren können?
Am Ende der dreijährigen Projektphase soll die moodle Plattform das Forum bilden, worauf das Projekt abgebildet ist und nach dieser Zeit auch fest installiert ist. Wir wünschen uns, dass auf den Seiten dann richtig “Traffic“ herrscht. Ich hoffe sehr, dass sich die Open-Content-Plattform als das Qualitätsmanagement-Werkzeug der Zukunft in unserer Sportpsychologie-Community etablieren wird.
Welchen Nutzen können Verbände und Trainer aus der Plattform für „interne Kommunikation“ ziehen? Oder: Wie trägt man die Ergebnisse der Diskussionen in den Foren an die relevanten Stellen in der Praxis?
Wir führen eine formative Evaluation durch, was heißt, das wir zum frühestmöglichen Zeitpunkt Erkenntnisse der Plattform in die Praxis geben. Ich habe hier in Potsdam zum Beispiel die Verantwortung für das Landessportteam Sportspsychologie und arbeite mit fünf Psychologen, die an den Olympiastützpunkten eingesetzt sind. Zum Beispiel denen werden die Projekt entwickelten Qualitätsmanagement-Tools für so genannte „early warning summatives“ weiter, so dass wir schnell Rückmeldung darüber bekommen, ob wir mit unseren Ideen hinsichtlich Praktikabilität oder vertretbarem Mehraufwand an Zeit richtig liegen. Und bei moddle versuchen wir vergleichbares, nur eben in der großen Community anzustoßen.
Zu erreichen ist das Projekt unter folgendem Link: http://www.qualitaetssicherung-sportpsychologie.de