Dass die Entwicklung auf einem guten Weg ist, wies die Vielzahl der Vorträge auf, die sich dem Thema der Sportpsychologie annahmen. Der Vortrag der Arbeitsgruppe um den 1. Vorsitzenden des Vorstandes der asp Prof. Manfred Wegner (Universität Kiel) stellte das Hauptthema der letzten Arbeitstagung „Nachwuchsgewinnung und Nachwuchsförderung im Hochleistungssport der Menschen mit Behinderungen“ in den Mittelpunkt. Hier konnten die Ergebnisse des nunmehr abgeschlossenen 2-jährigen Projektes vorgestellt und diskutiert werden. Eine erste Präsentation gab es bereits 2009 auf der Arbeitstagung des BISp.
Als Probleme im Bereich der Nachwuchsgewinnung kristallisierten sich u.a. der Quereinstieg von Verunfallten, die fehlende Kooperation von Schulen und Vereinen und die mangelnde Finanzierung von Sichtungsmaßnahmen heraus. Als weiteren wichtigen Punkt führte Prof. Wegner die unzureichende psychologische Belastungsbewältigung an. „Der Leistungssport bringt spezifische seelische Beanspruchungen mit sich, daher sollte jeder Sportler, ob mit oder ohne Behinderung, die optimale Förderung und Unterstützung erhalten. Dies ist eine Frage der Gleichstellung der Athleten“, so Manfred Wegner.
Ausgangspunkt für dieses Projekt war der Medaillenspiegel der Jahre 2000, 2004 und 2008 der paralympischen Spiele. Die Gesamtzahl der Medaillen offenbarte einen deutlichen Rückgang. Waren es 2000 noch 95 Medaillen, 2004 noch 79 Orden, waren es 8 Jahre später nur noch 58. Die detaillierte Betrachtung der teilnehmenden Sportler zeigte, dass der fehlende Nachwuchs eine Hauptursache für den Medaillenrückgang war. Manfred Wegner resümierte: „Lösungsansätze sind in der Optimierung der bestehenden Strukturen zu finden, ebenfalls wichtig ist die stärkere Einbindung der Fachverbände. Absolut notwendig ist aber der kontinuierliche, intensive Kontakt der verschiedenen beteiligten Institute, auch im Hinblick auf den Ausbau von Maßnahmen zur systematischen Talentsichtung sowie der Öffentlichkeitsarbeit. Der wichtigste Punkt im System ist und bleibt aber der Trainer, als Dreh- und Angelpunkt.“
Der zweite Veranstaltungstag stand ganz im Zeichen der „Sportpsychologie“.
PD Dr. Gabi Neumann (BISp) bot in ihrem Vortrag „Angewandte Sportpsychologie in deutschen Spitzensport: Standortbestimmung – Entwicklung – Strukturen – Schwerpunkte“ einen Überblick zur Entwicklung der angewandten Sportpsychologie in Deutschland. Vor rund 10 Jahren gab es in Deutschland keine angewandte, systematische Sportpsychologie im Spitzensport. Die Gründe waren vielfältig, einerseits Vorurteile aus dem Spitzensport gegenüber dem Bereich der Psychologie, andererseits fachgebietsbezogene Ursachen, etwa der fehlende Transfer in die Praxis, aber auch die fehlende Qualitätssicherung. Zusätzlich war in der Zeit von 1996 bis 2001 der Fachbereich Psychologie im BISp nicht besetzt. Im internationalen Vergleich hinkte Deutschland im Bereich der Sportpsychologie hinterher.
Doch durch eine Vielzahl von Maßnahmen konnte viel Boden gut gemacht werden. Angefangen mit einer speziellen Befragung der Bundestrainer zum Thema Sportpsychologie, über die Bildung eines Interessenverbundes des BISp, des DSB und der asp und einer Kooperationsvereinbarung zwischen der Trainerakademie und der Arbeitsgemeinschaft der Sportpsychologen, bis hin zum Aufbau der Internetplattform www.bisp-sportpsychologie.de mit einer Expertendatenbank.
Beispiele für den Transfer aus der Theorie in die Praxis fanden sich in den abschließenden Vorträgen wieder. Die mit Hilfe der BISp-Forschungsförderung finanzierten und umgesetzten Projekte „Sportpsychologische Eingangsdiagnostik und Betreuung der Nationalmannschaft Behindertensport Schwimmen“ von Dr. Anke Delow und Birte Steven (Sportpsychologinnen, DBS) sowie „Sportpsychologische Betreuung der Ski-Alpin-Mannschaft des Deutschen Behindertensportverbandes durch Dr, Kai Engbert (asp) und Maike Hujara (Bundestrainerin Ski-Alpin/DBS) zeigten sportpsychologische Betreuung in der Sportpraxis des Deutschen Behindertensportverbandes.
Das Projekt von Frau Delow und Frau Steven diente dazu, die Nationalmannschaft des DBS Schwimmen auf die Europameisterschaft 2009 und langfristig auf die Paralympics 2012 vorzubereiten. Das Ziel ist es, die 29 Schwimmer mit grundlegendem sportpsychologischem Wissen und entsprechenden Fertigkeiten auszustatten, um international konkurrenzfähig zu bleiben bzw. zu werden.
Das Team um Dr. Engbert betreut bereits seit 2006 das Deutsche Paralympic Skiteam Alpin. Das Skiteam erreichte 2010 in Vancouver mit insgesamt 15 gewonnenen Medaillen die klare Spitzenposition des alpinen Medaillenspiegels. Eine detaillierte Vorstellung beider Projekte und ihrer Besonderheiten erfolgt in Kürze.