Herr Breuer, Sie sind seit vergangenem Donnerstag live vor Ort in London. Wie ist die Stimmung unter den teilnehmenden Sportlerinnen und Sportlern?
Wie sollte es auch anders sein - natürlich hervorragend! Man muss im Hinterkopf behalten, dass viele unserer Aktiven seit ihrer frühen Jugend oder zumindest die letzten vier Jahre auf diesen Tag hin arbeiten, endlich einmal bei olympischen Spielen dabei sein zu können. Aus diesem Grund sieht man alle Sportler mit einem breiten Lächeln.
Die sportpsychologische Betreuung der Athleten im Vorfeld großer Wettbewerbe ist ja ein systematischer und kontinuierlicher Prozess. Mit Blick auf London 2012: Welche Bedeutung hat die Betreuung für die im Wettkampf antretenden Sportler?
Es kommt hier natürlich auch sehr auf die jeweilige Sportart an, aber die Bedeutung der psychologischen Betreuung ist hoch und steigert sich von Spielen zu Spielen. Der Körper weiß nicht, dass man bei Olympischen Spielen am Start steht - der Kopf schon. Eine langfristige Vorbereitung auf die anstehenden Aufgaben in Verbindung mit der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung ist nicht mehr wegzudenken und wird daher selbstverständlich für unsere Aktiven immer wichtiger.
Wie hat sich aus Ihrer Sicht die sportpsychologische Begleitung der Athleten in den letzten Jahren entwickelt und welche Auswirkungen auf die Sportler sehen Sie dadurch?
"Früher" hat man sich, wenn denn psychologische Betreuung überhaupt vorgesehen war, hauptsächlich auf das Korrigieren von Missgeschicken, immer wiederkehrenden Fehlern und der Aufarbeitung von Unfällen oder Schwächen konzentriert. Heutzutage stehen aber Regenerationsübungen genauso auf dem Plan wie die Vorbereitung auf große und ungewohnte Zuschauermengen, neue Stadien und Wettkampforte sowie die Motivation hin zum eigentlichen Großereignis - dem eigenen Start. Die Vielfalt der psychologischen Möglichkeiten in der Vorbereitung und Betreuung sind enorm.
Was sind die Wünsche der aktiven Olympia-Teilnehmer an eine sportpsychologische Begleitung und wo gibt es aus Ihrer Sicht noch Optimierungspotenzial?
Wünsche lassen sich aufgrund der Individualität in den einzelnen Sportarten nur schwer definieren. Optimierungspotential haben wir sicher, was letzten Endes ja auch zur Erfüllung von Wünschen führt, wenn wir die Sportpsychologie noch mehr an die Seite des Trainers und Coaches stellen und nicht als Maßnahme vor und nach dem Training. Viele Probleme, die man für die Wettkämpfe ausräumen möchte, stellen sich auch im Training und können parallel bearbeitet werden. Wenn jeder seine Rolle kennt und einhält, sowohl Trainer als auch Sportpsychologe, entstehen daraus hervorragende Synergien für den Sportler. Dies wird einer der Bausteine für die Zukunft sein, die in Teilen, aber nicht flächendeckend existieren.