Sie können auf eine Karriere als Tennisprofi zurückblicken, waren in den Achtzigern sogar unter den Top Zwanzig der Weltrangliste und haben nach Ihrer aktiven Zeit als Sportlerin den erfolgreichen Umstieg in das Berufsleben geschafft. Würden Sie heute einem Jugendlichen zu einer Laufbahn als Spitzensportler raten?
Ich bin ein absoluter Befürworter des Leistungssports, solange er in einem gesunden Rahmen stattfindet und Freude macht. In Deutschland haben wir tolle strukturelle Möglichkeiten für Sportler. Sie werden von verschiedensten Institutionen und Organisationen betreut und neben dem Leistungssport ist sogar eine Ausbildung möglich. Das gilt für die olympischen Sportarten. In Profisportarten - wie im Tennis oder Profifußball - ist man eher auf sich alleine gestellt und eigenverantwortlich als Unternehmer tätig. Während der Karriere liegt die volle Konzentration auf dem Sport, private und berufliche Ziele werden untergeordnet behandelt. Dem Ende der aktiven Karriere und dem Beginn der nachsportlichen Lebensphase kommt daher eine besondere Bedeutung zu. Insofern gibt es für die Sportpsychologie viele Ansatzpunkte.
Sie arbeiten heute als Sportpsychologin und Laufbahnberaterin. Wie kann es einem Sportler gelingen, nach seiner Karriere eben nicht in das so genannte “schwarze Loch“ zu fallen?
In meiner Diplomarbeit konnte ich herausfinden, dass eine frühzeitige Berufswahl oder Ziele für ein nachsportliches Berufsleben vorteilhaft für einen erfolgreichen Umstieg sind. Doch aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man sich als Leistungssportler „mit Haut und Haaren“ dem Sport hingeben muss, um erfolgreich zu werden. Es ist zwar sinnvoll schon während der aktiven Zeit an das „was kommt danach?“ zu denken, aber schon diese Gedanken können die volle Konzentration auf den Hochleistungssport untergraben. Hier liegt in meinen Augen einer der Unterschiede zwischen den olympischen und den Profisportarten. Denn je mehr Geld es in einer Sportart zu verdienen gibt, desto verlockender ist es, den Sport professionell zu betreiben und eine Ausbildung zu vernachlässigen.
Insofern stellen das Ende einer intensiven Sportkarriere und der Umstieg in ein nachsportliches Leben einen gravierenden Einschnitt im Lebenslauf dar, der erstmal verkraftet werden muß.
Das berühmt-berüchtigte „schwarze Loch“, bzw. die Zeit zwischen dem Karriereende und dem Beginn einer neuen Aufgabe, können wir durch Begleitung während dieser Phase überwinden helfen.
Haben Sie sich während Ihrer aktiven Karriere damit beschäftigt, was nach der Zeit als Tennisprofi auf Sie zukommt?
Auch bei mir gab es keinen Platz, um mich mit diesen Fragen eingehend zu beschäftigen. Zwar haben mich Freunde hin und wieder ermahnt, an das Leben nach dem Sport zu denken, aber ich wollte mich voll auf Tennis konzentrieren. Ich war als Unternehmerin in Sachen Tennis unterwegs, da gab es wenig Zeit für Dinge außerhalb des Tennisgeschäfts, geschweige Gedanken an meine berufliche Zukunft. Das tat ich erst nach meinem Karriereende. Mit dem Psychologiestudium konnte ich meine praktischen Erfahrungen aus dem Profisport auch theoretisch untermauern. Natürlich lag es nahe, nach dem Studium die Sportpsychologie Weiterbildung bei der asp zu besuchen. Heute berate ich Spitzensportler und die Erfahrung, selbst schon mal in Wimbledon auf dem Center Court gestanden zu haben, ist von Vorteil.
Bis vor einiger Zeit wurde im Hochleistungssport geradezu tabuisiert, öffentlich zuzugeben, mit einem Sportpsychologen zusammenzuarbeiten. Welche Erfahrungen machen Sie mit den von Ihnen betreuten Sportlern?
Mir ist durchaus bewusst, dass es bei Leistungssportlern Hemmschwellen gibt. Zum einen wissen sie – und manchmal auch die Trainer – nicht, was sich hinter dem Begriff Sportpsychologie verbirgt, wie ein kompetenter Sportpsychologe arbeitet und welche Methoden er anwendet. D.h. auch, sie können nur schwer einschätzen, wann und für welche Themen sie einen sportpsychologischen Experten konsultieren sollen. Das bedeutet aber auch, dass wir uns an die eigene Nase fassen sollten und überlegen, wie wir unsere Leistungen zielführender einbringen können. Die Sportpsychologie muss den Trainern genügend Informationen an die Hand geben, was kompetente sportpsychologische Arbeit bedeutet und welche Fachkenntnis dahinter steht. Beispielhaft ist hier die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Skiverband. Dort werden schon die Jugendlichen an die Sportpsychologie herangeführt.
Die andere Hemmschwelle betrifft den Umgang der Sportler mit dem Thema Psychologische Betreuung in der Öffentlichkeit. Ich kann verstehen, wenn ein Athlet weder über etwaige Schwächen noch über sportpsychologsiche Beratung sprechen möchte. Insofern resultiert das vermeintliche Tabu auch aus der vertraulichen und diskreten Zusammenarbeit.
Kommen die Sportler in Krisenzeiten zu Ihnen oder inzwischen auch schon mal präventiv?
Leider erhalte ich die meisten Anfragen von Sportlern, Trainern und dem Umfeld, weil es Probleme oder Krisen gibt, die sie nicht (mehr) bewältigt bekommen. Dabei wäre es für alle Beteiligten hilfreich, einen Sportpsychologen früher zu konsultieren und etwaige Probleme frühzeitig auszuräumen.
In wenigen Fällen wollen Klienten die Sportpsychologie nutzen, um ihre Leistung zu optimieren. Das finde ich schlau und ich glaube, dass die Expertise von Psychologen in Zukunft Teil des modernen Leistungssports wird.