Was ist das wichtigste Ziel, das Sie mit Ihrem Vortrag verfolgen?
Sportpsychologie im Leistungssport hat sich in den zurückliegenden Jahren zu einem unternehmerischen Markt weiterentwickelt. Im Leistungssport wächst die Bereitschaft, Geld für sportpsychologische Betreuung in die Hand zu nehmen und die Hände, die danach greifen, werden immer zahlreicher.
Es gibt einige sehr gute Anbieter. Leider gibt es aber auch viele, deren Angebot qualitativ weit unter dem bleibt, was die Praxis eigentlich von Sportpsychologie erwarten dürfte. Sportpsychologen an Universitäten, die sich für dieses Feld interessieren, kommt meiner Auffassung nach nun vor allem die Aufgabe zu, dieses Geschehen formativ evaluierend zu begleiten. Nicht mehr, allerdings auch nicht weniger. Im Vortrag möchte ich u.a. deutlich machen und dafür werben, wie ich mir die Rolle der Universitäten im Praxisfeld Sportpsychologie zukünftig vorstelle.
Können Sie etwas zu den Hintergründen der 2009 beschlossenen und bundesweit einzigartigen Strukturveränderung im organisierten Sport in Brandenburg erzählen?
Die sportpolitisch Verantwortlichen im Land Brandenburg eint bis heute die Überzeugung, dass das Einbeziehen wissenschaftlicher Expertise Voraussetzung und Erfolgsfaktor für die erfolgreiche Weiterentwicklung von Leistungssport-Förderstrukturen und damit auch für den Erfolg der brandenburgischen Spitzensportlerinnen und Spitzensportler ist. In all den Gremien, die sich mit den Umstrukturierungen im Schule-Leistungssport-Verbundsystem oder an den Olympiastützpunkten des Landes beschäftigten, waren Sportwissenschaftler sehr frühzeitig mit einbezogen.
Für die Miteinbeziehung der Sportpsychologie in diese Systemumstellungsprozesse sind die Vorarbeiten meines Amtsvorgängers hier in Potsdam, dem früheren asp-Vorsitzenden Prof. Dr. Jürgen Beckmann, nicht hoch genug einzuschätzen. Das damals in den Gremien geschaffene Grundvertrauen in die Sportwissenschaft, fand seine Fortsetzung darin, dass einigen sportwissenschaftlichen Professuren der Universität Potsdam nun sogar Handlungsverantwortung übertragen wurde. Wir im Landesteam Sportpsychologie empfinden das als große Verantwortung, fühlen uns dieser Herausforderung allerdings auch gut gewachsen.
Ohne schon vorab zu viel über den Inhalt zu verraten: In wieweit konnten die damaligen Erwartungen an die Strukturveränderung erfüllt werden?
Aus naheliegenden Gründen lässt es sich nicht an der Anzahl gewonnener Medaillen abzählen, wie wertvoll der Beitrag des Landesteams Sportpsychologie für die sportlichen Erfolge der brandenburgischen Leistungssportlerinnen und Leistungssportler ist. Allerdings wird unsere Arbeit sowohl an den Eliteschulen des Sports, als auch an den drei Standorten des Olympiastützpunktes, hoch geschätzt. So hoch, dass wir überaus zuversichtlich sind, die Geschehnisse auch im Olympiazyklus nach London 2012 weiter mitgestalten und weiterentwickeln zu dürfen.
Welche Wünsche und Erwartungen haben Sie persönlich an die asp-Jahrestagung und was bedeutet es für Sie, dass die Tagung in diesem Jahr im besonderen Rahmen auf einem Konferenzschiff stattfindet?
Ich freue mich sehr auf die diesjährige Jahrestagung. In erster Linie deshalb, weil sich den Teilnehmerinnen und Teilnehmern durch das Zusammensein "an Bord" sicherlich viele Gelegenheiten zur Diskussion am Rande bieten werden.
---
Prof. Dr. Ralf Brand leitet seit 2008 die Professur für Sportpsychologie im Exzellenzbereich Kognitionswissenschaften an der Universität Potsdam.