[30.08.2011] Sie haben als Projektkoordinatorin gemeinsam mit Prof. Ralf Brand von der Universität Potsdam und Prof. Dr. Jens Kleinert ein Qualitätsmanagement-System entwickelt und wollen damit die Vernetzung von Sportpsychologen bewirken. Wie ist der derzeitige Stand des Open-Content-Projektes?
Ziel des Projektes ist, den praktisch arbeitenden Sportpsychologen und den auftraggebenden Institutionen Hilfsmittel an die Hand zu geben, anhand derer sie ihre Arbeit strukturiert an Qualitätskriterien ausrichten können. Unter anderem wurde im November ein Workshop durchgeführt, in dem Praktiker nach Qualitätskriterien der täglichen Fallarbeit befragt wurden. Auf dieser und der Grundlage der auf dem Internet-Forum des Projektes geführten Diskussion werden zurzeit Handlungsempfehlungen erstellt, die möglichst Ende des Jahres zur Verfügung gestellt werden. Desweiteren führt ein Team der Sporthochschule in Köln Befragungen zu möglichen Verbesserungen der Strukturen der Sportpsychologie durch.
Wir in Potsdam haben währenddessen ein Handbuch zum Betriebsmanagement erstellt. Orientiert an Qualitätssicherungssystemen von Arzt- und Psychotherapiepraxen konnten wir ein Tool erstellen, mit deren Hilfe der eigene sportpsychologische Betrieb sowohl jedes selbstständig arbeitenden Sportpsychologen als auch eines größeren Institutes auf mögliche Verbesserungen hin untersucht werden kann. Beide Themengebiete, Strukturen und Betriebe, werden in einem weiteren Workshop im September mit Praktikern weiter erarbeitet. Parallel dazu laufen die Diskussionen im Online-Forum selbstverständlich weiter. So hat der Vorstand der asp unser Forum im April dazu genutzt, die Überarbeitung des asp-Curriculums zur Diskussion zu stellen.
Können Sie an dieser Stelle die Inhalte und Vorgehensweise der Maßnahme beschreiben?
Wir arbeiten mit ganz unterschiedlichen Mitteln, im Mittelpunkt steht aber der sogenannte open-content-Ansatz. Ziel dieses Ansatzes ist es, mögliche Inhalte eines Qualitätsmanagements für die Sportpsychologie in Deutschland gemeinsam mit den Experten der Sportpsychologie zu erstellen, Ergebnisse aus Befragungen transparent zu veröffentlichen, von der Community diskutieren zu lassen, sowie die Praktiker miteinander zu vernetzten. Besonders wichtig ist uns, dass Qualitätskriterien nicht einfach vorgegeben werden, sondern gemeinsam mit den Experten aus der Praxis erstellt werden. Dies geschieht sowohl online über das Internetforum als auch auf bewährt-empirische Weise über Interviewstudien, Onlinebefragungen und in Workshops.
Für welche Prozesse sportpsychologischen Arbeitens entwickeln Sie Werkzeuge und wie sehen diese aus?
Wir erstellen Werkzeuge für ganz unterschiedliche Bereiche. Handlungsempfehlungen für die dezidierte Fallarbeit sind ein Beispiel, oder das gerade in Potsdam erarbeitete Betriebsmanagementsystem. Dieses soll Anregungen und Hilfestellungen geben, den eigenen sportpsychologischen Betrieb strukturiert nach Qualitätskriterien aufzubauen. Wichtig ist, dass keine bindenden Vorgaben gemacht werden, da dies angesichts der Vielfältigkeit der Arbeitsweisen der Kollegen und Kolleginnen nicht möglich ist. Ziel dieses Betriebsmanagementsystems ist es vielmehr, eigene blinde Flecke aufzudecken und Ideen zur möglichen Verbesserung der eigenen Arbeit zu geben. Themen wie das Vorgehen bei Anfragen von Kunden werden ebenso angeschaut wie die eigentliche Klientenversorgung und die Betriebsführung. Sportpsychologinnen und Sportpsychologen können das Handbuch durcharbeiten und für sich entscheiden, welche der Aspekte sie selbst beachten möchten oder welche in ihrem Betrieb eben keinen Sinn machen. In dem Workshop im September wird es zum ersten Mal Praktikern vorgestellt und wir sind schon gespannt auf die Rückmeldungen und Anmerkungen zu diesem Produkt.
Wie viele Protagonisten sind in Ihrer Anwendung aktiv und welche Signale und Erkenntnisse können Sie aus der Beobachtung der Aktivitäten auf der Plattform ziehen?
Wie auf der asp-Tagung in Köln schon vorgestellt, waren Ende Mai 2011 90 Sportpsychologen und Sportpsychologinnen im Forum angemeldet. Am Workshop des letzten Jahres haben 19 Experten teilgenommen und weitere Kollegen und Kolleginnen haben sich in Interviewbefragungen beteiligt. Wir freuen uns sehr über diese Beteiligung. Besonders die Workshops werden positiv angenommen.
Wenn wir aber die Diskussionsteilnahme im Portal betrachten, fällt uns auf, dass sich leider nur wenige aktiv an der Online-Diskussion beteiligen. Wir wissen leider nicht genau, woran dies liegt. Die große Masse der Sportpsychologen scheint also noch Vorbehalte gegenüber der Methodik oder vielleicht auf vor der Veröffentlichung im Internet zu haben. Haben wir allerdings persönlich Experten angesprochen und um Teilnahme an einzelnen Diskussionen gebeten, wurde dieser Aufforderung nachgekommen. Das Interesse am Thema ist also gegeben.
Ihr Ziel ist es, die Open-Content-Plattform als das Qualitätsmanagement-Werkzeug der Zukunft in unserer Sportpsychologie-Community fest zu etablieren. Findet das Projekt die nötige Akzeptanz, die sportpsychologische Community flächendeckend miteinander zu vernetzen?
Genau können wir dies natürlich nicht sagen, besonders weil wir auch nicht genau wissen, wie viele Sportpsychologen in Deutschland arbeiten. Angesprochen wurden die Mitglieder der BISp-Expertendatenbank und die Mitglieder der asp. Aus den Rückmeldungen und der Bereitschaft zur Teilnahme besonders an den Interviewstudien und den Workshops schließen wir, dass das Projekt akzeptiert und unterstützt wird. Die Kolleginnen und Kollegen sind sehr an einer Professionalisierung des Berufsfeldes interessiert. Wir würden uns aber darüber hinaus natürlich eine regere aktive Beteiligung im Internetforum wünschen, und freuen uns über Anregungen, wie wir die Aktivität im Forum erhöhen können.
Weitere Informationen unter: www.qualitaetssicherung-sportpsychologie.de