Ein Interview mit Andrea Eskau über die notwendige Unterstützung von Leistungssportlern durch Sportpsychologen und den großen Forschungsbedarf im Bereich des Behindertensports. Frau Eskau ist Fachgebietsleiterin für Behindertensport im Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp), Diplompsychologin und erfolgreiche Spitzensportlerin im nordischen Skisport, im Biathlon und im Handbike.
Frau Eskau, im Rahmen der Arbeitstagung Behindertensport unter dem Titel „Gesundheitsmanagement und Sportpsychologie im Leistungssport der Menschen mit Behinderungen“ ging es vornehmlich um das Schmerzempfinden, die Ernährung und die psychologische Betreuung der Spitzenathleten. Als wie wichtig erachten Sie die drei Bereiche?
Diese drei Bereiche sind trotz ihrer hohen Relevanz für den Sport der Menschen mit Behinderungen noch nicht umfassend als leistungsrelevant wahrgenommen worden. Diese mehr in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken, war ein Anliegen der o.g. Arbeitstagung, welche als gemeinsame Veranstaltung des Bundesinstituts für Sportwissenschaft und des Deutschen Behindertensportverbandes unter Teilnahme der asp durchgeführt wurde. Die interessanten Beiträge und Diskussionen machten den Handlungsbedarf im Sport der Menschen mit Behinderungen mehr als deutlich. Bisher fehlen Gesundheits- und Ernährungskonzepte für behinderte Athletinnen und Athleten, obwohl diese dringend benötigt werden. Die sportpsychologische Betreuung wird noch von zu wenigen Abteilungen des Behindertensportverbandes in Anspruch genommen. Erfreulich war die positive Entwicklung und Darstellung der bereits laufenden Betreuungsprojekte in den Sportarten Ski Alpin und Schwimmen des DBS.
Die asp mit ihren Mitgliedern bietet hier einen guten Ansprech- und Kooperationspartner. Aber sicherlich muss die Forschung und auch der Transfer der Ergebnisse in die Praxis noch stärker vorangetrieben werden. Gerade was die Betreuung im Leistungssport der Menschen mit Behinderung anbelangt, besteht Nachholbedarf. Dies ist sicherlich auch ein interessantes Forschungsfeld für den Nachwuchs der Sportpsychologen.
Leistungssportler sind nicht nur starken körperlichen, sondern auch spezifischen seelischen Belastungen ausgesetzt, da ist die Begleitung und Unterstützung durch einen Sportpsychologen sehr wichtig, egal ob bei Leistungssportlern mit oder ohne Behinderung.
Worin sehen Sie die Gründe der bisherigen geringen Forschung in dem Sektor Leistungssport der Menschen mit Behinderten?
Der Leistungssport der Menschen mit Behinderungen vollzieht gerade eine gewaltige Entwicklung. Dabei bedingen sich die steigenden Leistungsanforderungen, die gestiegene Professionalität und das zunehmende Medieninteresse gegenseitig. Es bestehen auf der anderen Seite noch eine große Anzahl offener Forschungsfragen, welche nicht gleichzeitig bearbeitet werden können. Dies betrifft neben den sportpsychologischen und sportsoziologischen Fragestellungen, auch Fragen zur Trainingswissenschaft oder Sporttechnologie. Eine parallele Bearbeitung aller Fragen ist aufgrund der begrenzten finanziellen Ressourcen nicht möglich.
Sie sind selbst eine überaus erfolgreiche Athletin im im nordischen Skisport, im Biathlon und im Handbike, als nächste Ziele sind die Paralympics 2012 in London sowie die Paralympics 2014 in Socchi angepeilt. Wo sehen Sie als Sportlerin Handlungsbedarf?
Für meine persönliche sportliche Entwicklung sind insbesondere die Gesundheits- und Ernährungskonzepte von großer Bedeutung. Aufgrund meines Handicaps muss ich ein besonderes Augenmerk auf den Erhalt meiner Restgesundheit legen, da jede Erkrankung oder Beeinträchtigung einen direkten Einfluss auf meine Leistungen hat. Ich habe in meiner Karriere auch einmal sehr von einer sportpsychologischen Betreuung profitiert, da ich dadurch ein leistungsminderndes Verhalten wieder abstellen konnte.
Als wie wichtig erachten Sie hierbei die Vernetzung der verschiedenen Institute und Organisationen, asp, DOSB, DBS und BISp?
Die Vernetzung aller Institutionen und Organisationen mit Einfluss und Wirkung auf den Sport der Menschen mit Behinderungen ist sehr wichtig. Dadurch wird eine adäquate und qualifizierte Bearbeitung offener Fragestellungen erst möglich. Das Bundesinstitut für Sportwissenschaft kann im Rahmen seiner vom Bundesministerium des Innern übertragenen Aufgaben nur angemessen agieren, wenn der Bedarf und die Notwendigkeit durch den Spitzenverband (DBS) kommuniziert werden. Die asp als Ansprechpartner und Kooperationspartner insbesondere für sportpsychologische Fragestellungen garantiert hier einen hohen qualitativen Standard.